AngeDOKT: „Hotel Astoria“ + „AstoriaVR“ bei DOKVILLE 2021

Zu Gast bei AngeDOKt: Hug Films mit dem animierten Kurzfilm „Hotel Astoria“, der 2020 mit einer Virtual Reality Anwendung entwickelt wurde. Die interaktive App und der Halbstünder gleichen einer Zeitreise in die DDR. Ziel ist das legendäre Hotel Astoria in Leipzig.

Case Study bei DOKVILLE 2021: Hotel Astoria und AstoriaVR © Günther Ahner/HDF
Case Study bei DOKVILLE 2021: Hotel Astoria und AstoriaVR © Günther Ahner/HDF

Das legendäre „Hotel Astoria“ im Fokus

Das Hotel Astoria in Leipzig war das erste Haus am Platz. In der DDR galt es als Vorzeigeobjekt; in seinen Räumen und Hallen wurden Staatsgäste empfangen und Geschäfte betrieben. Doch nach der Wende änderte sich vieles – auch im Hotel Astoria. Alina Cyranek und Falk Schuster von Hug Films begeben sich in ihrem Anima-Dokfilm auf eine Reise in die Geschichte dieses großen Hauses. Dafür kombinieren sie historische Fotografien und Filmaufnahmen mit animierten Collagen und unterlegen diese mit einer Tonspur aus Geräuschen, O-Tönen und Musik. Dazu kommt eine VR-Anwendung von Simeon Conzendorf von blendFX, die die Nachtbar des Hauses tatsächlich begeh- und erlebbar macht.

"Hotel Astoria"-Autorin Alina Cyranek © Günther Ahner/HDF
Alina Cyranek zu Gast bei DOKVILLE 2021 © Günther Ahner/HDF

„Ich habe ein Faible für Lost Places. Das ehemalige Hotel ist das erste, was man sieht, wenn man aus dem Leipziger Hauptbahnhof kommt. Ein riesiger Klotz, der lange schon verlassen ist. Ich habe mich immer gefragt: ‚Was stecken da wohl für Geschichten drin, wenn Wände erzählen könnten?‘ Als ich es anrecherchiert habe, habe ich unglaubliche Geschichten gefunden“, schildert Alina Cyranek, die tausende Seiten Stasi-Akten gewälzt hat, die im oder über das Astoria entstanden sind.

Aufruf mit Erfolg

„Das hat für mich ein Puzzleteil ergeben, das aber einen ganz seltsamen Beigeschmack hatte. Daher wollte ich noch die andere Seite entdecken. Ich habe daher in der Leipziger Volkszeitung noch einen Aufruf gestartet, dass ich Erinnerungen und Anekdoten zum Astoria suche.“

Mit Erfolg: Fotos, Anekdoten, alte Speisekarten … und sogar die Rückmeldung des Dokumentarfilmers Ulli Wendelmann kamen zurück. Letzterer hatte, aus einem guten Gespür heraus, in den letzten Tagen des Hotels noch vor Ort gefilmt. Unveröffentlichtes und ungenutztes Material, das über 20 Jahre in der Schublade lag und nun als Klammer im Film zum Einsatz kommt. 

„Das war ein riesiger Schatz, aus dem wir uns bedienen konnten“, schwärmt Falk Schuster. Dazu kommen ungefähr 30 Stunden Interviewmaterial mit Privatleuten, die sich auf den Zeitungs-Aufruf gemeldet hatten. Die multiplen Stimmen sind aus dem Off zu hören und tragen den Film entscheidend mit.

Alina Cyranek, Max Schmierer und Falk Schuster beim Panel zu "Hotel Astoria" © Günther Ahner/HDF
Falk Schuster spricht über „Hotel Astoria“ © Günther Ahner/HDF


Astoria VR (by hug films)

DOKVILLE Redakteurin im Selbsttest der AstoriaVR (Foto: Günther Ahner/HDF)
… im VR-Selbsttest (Foto: Günther Ahner/HDF)

Die App zum Film: „AstoriaVR“

Die Virtual Reality-Anwendung, die laut Cyranek untrennbar zum Film gehört, verbindet interaktive Elemente, Overlays, Fotos, Audios und stereoskopische Realfilmaufnahmen mit 360° CG-Renderings. Dabei ist bewusst kein Gamification-Ansatz integriert, das Ganze hat explorativen Charakter. „Man kann sich frei im Raum bewegen und ihn erkunden. Die Geschichte wird also nicht linear erzählt, sondern interaktiv“ Die Gäste in der Bar sind als Scherenschnitte zu sehen. Man kann sich beispielsweise Original-O-Töne anhören, indem man auf Kassetten klickt, Zigaretten nehmen oder einen Blick in die Karte (oder Stasiakten) werfen. Und, wie im echten Leben, macht die Bar irgendwann zu und der Kellner wirft einen raus. 

Hug Films und blendFX zu Gast bei DOKVILLE 2021 online

AngeDOKt ist ein Format vom Haus des Dokumentarfilms in Kooperation mit der Film Commission Region Stuttgart, eine Einrichtung der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart. Es stellt crossmediale Entwicklungen von Medieninhalten oder ungewöhnliche Produktionswege in den Fokus; in der Vergangenheit unter anderem die mehrfach ausgezeichneten dokumentarischen Games „Blautopf VR“ und „Through the darkest of Times“.

Die Produzenten und Geschäftsführer von Hug Films, Alina Cyranek und Falk Schuster, sowie der Programmierer Simeon Conzendorf von blendFX sprachen bei DOKVILLE mit Moderator Maximilian Schmierer (Geschäftsführer b.ReX) über die Herausforderungen einer dokumentarischen VR-App.(Online-)Premiere war beim DOK Leipzig 2020; der Film lief außerdem im internationalen Programm beim IDFA. Eine interaktive Premiere, die vor allem für die VR-Anwendung wichtig wäre, um sie live zu testen und zu erleben, war bislang wegen Corona nicht möglich.