AG DOK Talk: Neue Dokumentarfilm-Initiativen
Beim AG DOK Talk im Rahmen des Branchentreffs DOKVILLE 2021 wurden mit docfilmpool e. V. und docfilm42 e. V. zwei neue Initiativen vorgestellt, die Dokumentarfilmschaffenden eine Plattform für ihre Filme geben. Beide wurden im Frühjahr 2020 gegründet.
Dass die filmische Arbeit auch trotz Corona nicht stillsteht, zeigen die beiden neuen Initiativen, die von Mitgliedern der AG DOK während der COVID-19-Pandemie aufgebaut wurden. Docfilmpool e. V. und docfilm42 e. V. geben Dokumentaristen die Möglichkeit, ihre Filme im Netz sichtbar zu machen. Die Auswertung auf alternativen Plattformen statt z.B. bei YouTube oder Vimeo ist seit einiger Zeit ein wichtiges Thema. Auch neue Finanzierungswege und Produktionsarten werden zunehmend gesucht.
Docfilm42: Plattform für unabhängig produzierte Dokumentarfilme
„Docfilm42 e. V. soll unabhängige Filmschaffende miteinander vernetzen“, erklärte die Dokumentarregisseurin Susanne Dzeik im AG DOK Talk. Mit viel Verve moderiert wurde das Panel von der Filmemacherin und AG DOK-Mitglied Sabine Willmann, die die Regionalgruppe AG DOK Südwest maßgeblich mitaufgebaut hat. Initiiert wurde docfilm42 bereits im Frühjahr 2019 von Mitgliedern der AG DOK und während der Berlinale 2020 als Verein gegründet. Die Plattform soll vor allem unabhängig produzierte Dokumentarfilme sichtbar machen und ist gleichzeitig ein Ort, um Filmschaffende zusammenzubringen. Auch der Archivgedanke spielt eine große Rolle.
Das Portal docfilm42 bietet Filmschaffenden die Möglichkeit, auf deren Projekte zu verweisen. Ein Gremium entscheidet, welche Filme auf der Seite platziert werden. Im Vordergrund stehen Filme, die Diversität und besondere Themen zeigen. Die Nutzung habe sich durch die Pandemie noch mehr verstärkt, wie Susanne Dzeik weiter berichtet. Gestartet hat die Seite mit zehn Filmen, jetzt sind es weitaus mehr. Docfilm42 hat auch verschiedene Playlists zu Themen wie „Culture & Change” und „Project Future“ angelegt, die die Filme inhaltlich gruppieren.
Coronography: Dokumentarische Kurzfilme auf interaktiver Karte
Eine weitere vorgestellte Dokumentarfilm-Initiative ist docfilmpool e. V., die ebenfalls eine kollektive Präsentationsform für Filmprojekte über die Folgen der Pandemie bietet. Geplant ist, dass docfilmpool auch Filme über das Thema hinaus zur Verfügung stellt. Docfilmpool präsentiert selbst viele Dokumentarfilme und verweist auch auf die interaktive Karte „Coronography”, auf der Filmschaffende ihre entsprechenden Dokumentarfilme publizieren können. Auf dem DOK.fest München 2020 wurde die Karte erstmals vorgestellt. Entwickelt wurde Coronography unter anderem von der Filmregisseurin Sandra Trostel. „Man kann die Filme an dem Ort auf der Karte einstellen, an dem sie gedreht wurden”, erklärt sie im AG DOK Talk im Rahmen von DOKVILLE 2021. Damit entstehe eine Verbindung zwischen Orten und Filmen.
Die interaktive Karte sorgt gleichzeitig für die Sichtbarkeit der Corona-Zeitkapseln, die von vielen Filmschaffenden gedreht wurden. Die Corona-Zeitkapseln sind Kurzfilme, die die Stimmung während der Pandemie festhalten. „Die Filmschaffenden vereinbarten, an einem bestimmten Tag, dem 27. März 2020, um 12 Uhr zu drehen”, erklärt Sabine Willmann. Diese Idee wurden weitergeführt und zahlreiche Filmschaffende haben über das Jahr Filme über die Pandemie gedreht. Coronography gibt den entstandenen Filmen eine Plattform und ist gleichzeitig eine Art interaktives Storytelling. Die Filme liefern eine Bestandsaufnahme, wie die Menschen mit der Bedrohung durch das Virus umgehen und darauf reagieren.
Aus den Kurzfilmen entsteht eine Serie
Aus ihren knapp 50 gedrehten Corona-Zeitkapseln hat Sabine Willmann die Serie „REISE NACH INNEN“ zusammengestellt. Von den drei bereits fertiggestellten Staffeln konnten zwei am 20. Juni 2021 in der Stadthalle Marbach ihre Premiere mit Publikum feiern. Der Titel ist eine Anlehnung an die Pandemie, die viele dazu zwang, sich stärker mit sich selbst zu beschäftigen.
Docfilmpool: Partizipatives Arbeiten
Der Verein docfilmpool wächst stetig. Aus den 17 Gründungsmitgliedern wurden inzwischen mehr als 30. „Durch die Pandemie sind viele Filmschaffende aus ganz Deutschland zusammengekommen. So viele Dokumentarfilmschaffende wie im letzten Jahr habe ich noch nie kennengelernt ”, betont Susanne Dzeik, die Vorstands- und Gründungsmitglied sowohl von docfilmpool als auch von docfilm42 ist.
Docfilmpool ist ein Rahmen für Filmprojekte und Förderungen, in dem sich die Filmschaffenden gegenseitig unterstützen, erklärt Susanne Dzeik weiter. „Der digitale Raum hat das Teilen verstärkt”, findet auch Sandra Trostel. Durch die zunehmende Digitalität werden verschiedene Perspektiven ermöglicht, die die Realität – die wiederum für den Dokumentarfilm wichtig ist – greifbar machen. Sandra Trostel stellte auch die Möglichkeiten vor, die es beim Lizenzrahmen für partizipative Ansätze und Teilen im digitalen Raum gibt. Eine große Rolle spielen die Creative Commons-Lizenzen, deren Bedeutung sie erklärte. Docfilmpool ist ein Beispiel dafür, wie gut partizipative Ansätze bei der Kreation und Produktion von Filmen funktionieren können.