Zahlreiche Filme beim diesjährigen DOK Leipzig Festival haben mit Archivmaterial gearbeitet. Ob intime Portraits der eigenen Familie oder der analytische Blick auf gegenwärtige und vergangene Krisenherde dieser Welt, historisches Filmmaterial findet in dokumentarischen Arbeiten immer häufiger Verwendung. Es stammt nicht nur aus privaten Archiven der Regisseur:innen, wie beispielsweise in Faustine Cros’ „A Life Like Any Other“, einem Porträt über ihre Mutter, sondern auch von öffentlichen Institutionen. So war es eine logische Entscheidung der DOK Leipzig Veranstalter:innen, in diesem Jahr zum ersten Mal ein Event zu initiieren, bei dem sich Archive präsentieren konnten: den „DOK Archive Market“.
Filmarchive unterschiedlicher Größe und Ausrichtung stellen sich vor
Reger Austausch innerhalb der Branche
Jedem teilnehmenden Filmarchiv wurde beim „DOK Archive Market“ ein eigener Tisch mit vier Stühlen und wahlweise einem Monitor zur Verfügung gestellt. So konnte jede teilnehmende Institution einerseits Material optimal vorführen und andererseits eine angenehme Gesprächssituation für Interessent:innen schaffen. Den ganzen Tag über herrschte im dritten Stock des Zeitgeschichtlichen Forums reges Treiben – die Filmarchive haben sich über Herausforderungen und Lösungen bei ihrer Arbeit ausgetauscht, während sich Redakteur:innen, Archive Producer und Filmemacher:innen zu Filmbeständen und dem Prozedere bei der Materialbestellung beraten ließen. Ergänzt wurde dieser Wissensaustauch durch ein informatives Rahmenprogramm.
Masterclass mit Mila Turajlić zur Arbeit am kollektiven Gedächtnis
Neben der Messe im Ausstellungsbereich des Zeitgeschichtlichen Forums gab es beim „DOK Archive Market“ ein Veranstaltungsprogramm im angrenzenden Saal. Hier gab die serbische Regisseurin Mila Turajlić, der dieses Jahr eine Hommage gewidmet war, eine Masterclass. Sie berichtete von der Herausforderung, an das Ausgangsmaterial von Fernsehbeiträgen zu gelangen. Die betreffenden Archive sichern eher das sendefähige Material als die Kameranegative. Turajlić hält es außerdem für problematisch, dass größere Footage Agenturen kleinere Archive aufkaufen. Dadurch werde der Zugang zum Filmerbe ganzer Regionen unnötig erschwert.
„Gladbeck“: Musterbeispiel für Umgang mit historischem Filmmaterial
Ein neuer Verein für das noch junge Berufsbild „Archive Producer“
Der Höhepunkt des Rahmenprogramms war wohl die erste öffentliche Vorstellung des Vereins der German Researchers and Archive Producers, kurz GRAP e.V.. Der Verein hat das Ziel, die Wahrung, Pflege und Förderung der beruflichen und wirtschaftlichen Interessen aller in Deutschland tätigen Archive Producer und Archive Producerinnen voranzubringen. Die drei Vorstandsmitglieder Monika Preischl, Julian Nindl und Michael Konstabel stellten diese Zielsetzung vor, während Solveig Hansen und Gregor Murbach die Website des Vereins präsentierten: Sie soll die zentrale Anlaufstelle für alle werden, die Unterstützung bei der Suche nach Archivmaterial für ihre Filme wünschen.
Mit diesem vielfältigen Rahmenprogramm, den zahlreichen anwesenden Filmarchiven und Branchenvertreter: innen sowie der produktiven und gastfreundlichen Atmosphäre, kann der „DOK Archive Market“ schon jetzt als neuer Pflichttermin für die gesamte Branche gezählt werden.