„Ich bin Sophie Scholl“ ist gelungen, woran viele andere scheitern: Die Instagram-Serie macht Geschichte lebendig und erfahrbar – gerade für eine jüngere Zielgruppe. Mit fast einer Millionen Abonnent:innen ist der Anfang Mai 2021 gestartete Kanal ein Social-Media-Erfolg.
Social-Media-Projekt „Ich bin Sophie Scholl“
Bei DOKVILLE sprechen die Macher:innen über die Entwicklung dieser Serie, die weit über ein filmisches Konzept hinausgeht, und den regen Austausch mit der Community. Das Panel mit Leif Alexis (Produzent, Sommerhaus Filmproduktion), Dr. Maren Gottschalk (beratende Historikerin), Ulrich Herrmann (Redaktionsleiter Tatort, SWR) und Katja Siegel (Head of Production, Vice Media) wird moderiert von Adrienne Braun von der Stuttgarter Zeitung. Auch der Umgang mit Lob und Kritik am Format kommen darin zur Sprache. Denn eine Frage muss grundsätzlich erlaubt sein: Darf man Geschichte überhaupt so erzählen oder wird der Nationalsozialismus dadurch trivialisiert?
„Blutet Ihnen denn nicht das Herz, wenn historisches Material so eingedampft wird“, fragt Moderatorin Adrienne Braun angriffslustig … und läuft ins Leere. „Im Gegenteil: Das wird in einer wunderbaren Form neu aufbereitet. Das ist nicht einfach so erfunden, sondern ist nah dran an den Quellen, die wir über Sophie Scholl haben“, stellt die beratende Historikerin Dr. Maren Gottschalk bei DOKVILLE heraus. „Linear kann man so etwas gar nicht erzählen“, pflichtet ihr Ulrich Herrmann vom SWR bei, der vor allem die Möglichkeit zur Interaktion auf Instagram herausstellt. Im besten Fall resultiert ihm zufolge daraus ein emphatischer Diskurs unter den User:innen. „Damit entmystifizieren wir die Figur Sophie Scholl ein Stück weit. Wir projizieren nichts in diese Heldin hinein, sondern sind an all ihren menschlichen Facetten interessiert.“
Zuvor hatte bereits @eva.stories mitsamt Hashtag #lifeduringwar auf Instagram einen entsprechenden Vorstoß gewagt. Nacherzählt wurden hier die letzten Monate der 13-jährigen Ungarin Éva Heyman, die 1944 im deutschen Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde.
Auf Sophies Spuren
Bei „Ich bin Sophie Scholl“ sieht man, wie die junge Frau in Kontakt mit dem Widerstand der „Weißen Rose“ kommt und wie sie immer mehr hin- und hergerissen wird zwischen dem Wunsch nach einem unbeschwerten Leben als Studentin und der Lebenswirklichkeit im Nationalsozialismus, gegen die sie sich zusehends aktiv auflehnt. „Uns geht es darum, nicht nur die radikalere, freiheitskämpferische Sophie Scholl zu zeigen, sondern die ganz normale Sophie, die zum Beispiel an ihren Freund an der Front denkt“, so die Macher:innen bei DOKVILLE. Basis sind hunderte Briefe, Tagebucheinträge und Zeichnungen von Sophie.
Cast und Produktion
„Gerade dieses Projekt ist mit unglaublich viel Herzblut entstanden. Involviert waren dabei gang verschiedene Gewerke“, schildert Katja Siegel von Vice Media. „Wir haben ein klassisches Treatment und Drehbuch entwickelt. Dann haben wir überlegt, was wir für Man- und Womanpower brauchen, um das Ganze auf Instagram zu bringen, denn Instagram ist eben keine Kinoleinwand. Der Dreh war historisch sehr aufwändig, um danach wieder in kleinen Teilen für Instagram aufbereitet zu werden.“
„Der Dreh mit Luna Wedler hat das ganz wunderbarer geklappt“, betont Jochen Laube. „Für sie war das eine große Herausforderung – nicht nur, weil sie hauptsächlich Monologe hatte. Sie hat auch die Kamera selbst gehalten, wie man das eben für Instagram so macht, es wurde nicht geschnitten.“ Zum Cast gehören neben ihr auch Max Hubacher (Hans Scholl), David Hugo Schmitz (Alexander Schmorell), Timur Bartels (Willi Graf), Thomas Prenn (Christoph Probst) und Eckhard Greiner (Kurt Huber) und Caroline Hartig (Traute Lafrenz).